Material – Researches
Schwabinger Bach
Da ist also die Idee, im Garten des Ateliermuseums der Magda-Bittner-Stiftung am Schwabinger Bach endlich eine echte Wilderness Residency mit wirklich „Draußen-Schlafen“ zu realisieren. Und im Ausstellungsraum, oben im 2. Stock, darf ich das – bislang nur als Prototyp vorhandene – “BrennesselProtokoll” starten, in der Ausstellung REFLEX, mit Nina Annabelle Märkl und Magda Bittner-Simmet.
Mehr weiß ich noch nicht – so nähere ich mich dem Ort.
08. November 2022. Durch das Gartentor an der Schwedenstraße gehe ich in den Garten, der direkt an den Schwabinger Bach grenzt. Ich schau mich um. Ich sehe aufgeschichtetes Holz – und einen Laubhaufen („super Bett“ , denke ich). Den Bach. Die dunkelgrünen Eiben. Es ist feucht. Ich setze mich ans Ufer, in die Ecke, vorne rechts. Da sind weiße Gartenmöbel aus Metall. Ich schau auf den Bach, laß mir Zeit. Es dämmert schon, November halt. Auf dem weißen, geschnörkelten Gartenstuhl sitzt eine Frau. Ganz grau ist sie, wie aus grauem Nebel. Auch sie schaut auf den Bach. Mir ist ein bißchen gruselig. Wenn sie da sitzt trau ich mich nicht, hier Draußen zu schlafen. …
Ich schließe die Augen und geh innerlich näher ran. Sie hat eine weiße Haut und dunkle aufgesteckte Haare. Und rot geschminkte Lippen. Sie sieht aus, wie die „Dame“, die am 22. Juni 2022 plötzlich auf dem Herd meiner Küche auftauchte, aus übergekochtem Kaffee, und die sich seitdem dort immer weiter verändert.
Ich nehme das Bild der „Dame“ hier ins Protokoll auf.
Und ich recherchiere über Magda Bittner-Simmet. Es ist ja ihr Garten. „Die Malerfürstin am Schwabinger Bach“. Wie fühle ich mich gegenüber der „Fürstin“? Ich hab in meiner Arbeit mit Stöcken zu tun, mit Steinen, gefundenem „Zeug“, mit einem ehemaligen Herrenpissoir – und nun wohl auch noch mit übergekochtem Kaffee. Oft habe ich nasse Schuhe, Schlammspuren an der Kleidung, Erde an den Händen.
Wäre es der Frau, die sich als „Malerfürstin“ inszenierte und so auch diesen Ort hier aufgebaut hat, überhaupt recht, wenn ich in ihrem Garten „Draußen“ schlafe?
Ich merke, ich fühle mich „von Außen kommend“.
Und auf einmal ist mir klar: ich sollte mich auch dem Garten von Außen annähern – nicht durchs Gartentor.
So beginnt mein Beitrag zur Ausstellung REFLEX im Ausstellungsraum, oben im 2. Stock, erstmal mit einem Beobachtungsposten, einem Ort an der Schnittstelle vom Ausstellungsraum zum Garten:
Dort sind die Besucher* eingeladen, auf der einen Seite in den Garten zu schauen – und auf der anderen Seite ins online sich entwickelnde BrennesselProtokoll. Hier sind sie eingeladen, die Füße in den Laubhaufen zu stecken, der mir wohl vorerst nicht als Bett dienen wird. Und vielleicht werden Sie beobachten können, wie ich von Aussen, von der anderen Seite des Schwabinger Bachs, auf diesen Ort hier schaue, geschützt in einer Höhle aus Eiben? Vielleicht werden Sie sehen, wie ich versuche, ein Floß zu bauen, um über den Bach in den Garten zu kommen? Oder wie ich dann versuche, Bilder oder Objekte vom Garten in den 2. Stock zu bringen, wo sie dann vielleicht von Christiane v. Nordenskjöld, der Kustodin der Ausstellung, in Empfang genommen und an Cornelia Oßwald-Hoffmann weitergegeben werden, die im Juli ein Künstlergespräch mit uns führen wird?